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People of Body&Fit: Michelle de Jong

In unserer Rubrik People of Body&Fit zeigen wir, dass das Wort “fit” für jeden etwas anderes bedeutet. Heute sprechen wir wieder mit einer der stärksten Frauen der Niederlande: Powerlifterin und Trainerin Michelle de Jong. Wir haben uns im Rahmen dieser Rubrik schon einmal mit ihr getroffen, aber in der Zwischenzeit ist viel passiert. Höchste Zeit also, dass wir uns wieder mit dieser inspirierenden Powerfrau austauschen. 

Mit 17 Jahren entwickelte Michelle die ersten Symptome von FNS, einer funktionellen neurologischen Störung. Dabei werden Reize und Impulse des Gehirns nicht richtig an den Körper weitergeleitet oder nicht richtig verarbeitet. Wenn du mehr über Michelles Geschichte lesen möchtest und wissen willst, wie sie gelernt hat, mit dieser Störung umzugehen, empfehlen wir dir, unser erstes Interview mit ihr zu lesen: People of Body&Fit: Niederländische Juniorenmeisterin im Powerlifiting Michelle de Jong. 

BODY&FIT IM GESPRÄCH MIT MICHELLE DE JONG  

Body&Fit: Hey Michelle, wie schön, dich wieder zu sehen. Kurz nach unserem letzten Interview, Ende 2021, hattest du einen schweren Rückfall deiner neurologischen Erkrankung. Wie kam es dazu? 

Michelle: “In der Tat hatte ich im Dezember 2021 einen Rückfall. Danach dauerte erst mal sechs Monate, die Grundlagen, wie zum Beispiel das Gehen, wieder zu erlernen. In den ersten paar Monaten lag ich nur im Bett. Ich brauchte enorm viel Ruhe und wirklich alle Reize waren zu viel für mich. Ich schlief 13 bis 14 Stunden am Tag und musste mich selbst von einer halben Stunde Tageslicht erholen. Mein Rückfall kam daher, dass ich über einen längeren Zeitraum sehr überstimuliert war. Ich habe zu viel gemacht und konnte nicht genug Ruhe finden. Bei mir äußerte sich das in schweren körperlichen Beschwerden, wie nicht-epileptischen Anfällen und Kraftverlust in den Beinen. Mein Gehirn hat im Grunde aufgehört zu arbeiten.” 

Michelle de Jong

“Aber ich habe mich nicht unterkriegen lassen und diesen Rückschlag genutzt, um stärker denn je zurückzukommen. Im Dezember 2022, ein Jahr nach meinem Rückschlag, nahm ich wieder an einem Powerlifting-Wettbewerb teil und diesmal habe ich gewonnen. Dabei kam ich sogar ziemlich nah an meine alten PRs heran. Bei Kniebeugen habe 140 Kilo geschafft, 90 Kilo beim Bankdrücken und ganze 175 Kilo im Kreuzheben. Damit war ich sehr zufrieden - vor allem mit den 175 Kilo. Vor meinem Rückfall hatte ich so viel schon zweimal bei einem Wettkampf gehoben. Dass ich diese Zahl im letzten Dezember wieder stemmen konnte, löste so viele Emotionen in mir aus. Das war ein großes “F*ck you” an meinen Rückfall, es fühlte sich wirklich so an, als wäre ich endlich wieder ich selbst.” 

Body&Fit: Was für eine unglaubliche Story! Was hast du aus diesem Rückfall gelernt? 

Michelle: "Als ich diese längere Zeit im Bett lag, konnte ich viel nachdenken. Natürlich konnte ich nicht trainieren, etwas, woraus ich normalerweise sehr viel Freude ziehe. Ich begann mich zu fragen, wer ich ohne mein Training überhaupt bin. Dadurch geriet ich in eine kleine Identitätskrise - das Training ist für mich schließlich nicht nur ein Hobby, sondern auch meine Arbeit. All das fällt plötzlich weg, wenn man nicht mehr aus dem Bett aufstehen kann. 

Zu diesem Zeitpunkt war ich hauptsächlich wütend auf meinen Körper, weil er nicht so funktioniert hat, wie er sollte. Jetzt bin ich aber vor allem dankbar, dass ich wieder trainieren kann. Ich bin immer noch in der Reha. Ich kann jetzt etwa 20 Minuten am Stück laufen. Das Krafttraining läuft gut, weil es viele Ruhepausen dazwischen gibt. Wenn ich auf meinen Körper höre, weiß ich genau, was ich tun kann und was nicht. Ich habe wirklich gelernt, besser auf meinen Körper zu hören. Wenn ich einen schlechten Tag habe, ist das nicht schlimm. Ich weiß, dass ich nicht faul bin, sondern dass mein Körper manchmal einfach nicht damit umgehen kann. Ich weiß jetzt, dass ich mich ausruhen muss, und dass das nicht schlimm ist. Morgen ist ein neuer Tag. Schlechte Tage gehören schließlich einfach dazu. Wenn ich mir jetzt nicht genug Ruhe gönne, kämpfe ich nur gegen milch selbst an. Es ist in Ordnung, manchmal einen Schritt zurückzutreten und besser für mich selbst zu sorgen." 

DIE KRAFT DES POWERLIFTINGS 

Body&Fit: Als Powerlifting-Trainerin und zweifache niederländische Junioren-Meisterin im Powerlifting können wir sagen, dass du deinen ‘Fit’ in dieser Sportart gefunden hast. Was bedeutet Powerlifting für dich? 

Michelle: “Powerlifting ist für mich nicht nur ein physisches Ventil. Die Kraft strahlt auch nach innen. Es gibt mir Selbstvertrauen und die Kraft, in bestimmten Situationen besser für mich selbst einzustehen. Ich war schon immer sehr sozial und aufgeschlossen, aber Menschen konnten mich auch leicht überrennen. Ich war leicht zu überzeugen. Gerade durch Powerlifting kann ich meine Grenzen nun viel besser setzen. Ich traue mich mehr, weil ich physisch stark bin. Ich habe gelernt, was ich als Person wert bin und dass ich mich nicht mit weniger zufrieden geben muss.” 

“Powerlifting ist für mich nicht nur ein physisches Ventil. Die Kraft strahlt auch nach innen.” 

Body&Fit: War es für dich von Anfang an klar, dass Powerlifting dein Sport ist?  

Michelle: "Beim Powerlifting kann man Ziele anhand von Zahlen setzen. In einem regulären Fitnessstudio sehe ich oft, dass Menschen auf eine bestimmte Figur oder ein bestimmtes Aussehen hinarbeiten. Diese Ziele sind allerdings oft nur schwer zu erreichen. Beim Powerlifting hingegen arbeitet man auf eine bestimmte Zahl hin. Diese schafft man dann entweder oder halt nicht. Ein Wettkampf kann hierbei helfen, da eine Jury den Lift beurteilt. So weiß man zu 100%, dass man sein Ziel auch wirklich erreicht hat. 

Was ich am Powerlifting außerdem mag, ist, dass die Gewichte in jedem Fitnessstudio gleich sind. Als ich noch hauptsächlich an Maschinen trainierte, fand ich es super nervig, dass ich in einem Fitnessstudio 130 Kilo auf der Beinpresse schaffte und in einem anderen bereits mit 90 Kilo Schwierigkeiten hatte. Heute weiß ich, dass dies mit der Einstellung der Geräte zu tun hat, aber damals fand ich es frustrierend. Beim Powerlifting gibt es keine Geräte, sondern nur freie Gewichte, die in jedem Fitnessstudio gleich sind. Das, zusammen mit einer guten Technik und dem Gefühl, das ein Wettkampf in mir auslöst, macht Powerlifting wirklich zu meinem Sport. Das Hinarbeiten auf Wettkämpfe verlagert meinen Fokus. Dann beschäftige ich mich nicht mit der Reha, sondern mit dem Training für einen Wettkampf. Das funktioniert für mich sehr gut. Und ich halte mich sowieso für eine konkurrenzfähige Person, das spielt sicherlich auch eine Rolle. 

Body&Fit: Wie bereitest du dich ernährungstechnisch auf einen Wettkampf vor? 

Michelle: “Das hängt davon ab, in welcher Gewichtsklasse ich mich befinde. Derzeit bereite ich mich auf einen Bankdrück-Wettkampf vor. Dafür muss ich noch etwa 1,5 Kilogramm abnehmen. In diesem Fall achte ich sehr auf eine gute Ernährung. Ich trinke sowieso schon wenig Alkohol, aber vor einem Wettkampf höre ich ganz damit auf. Ich achte auch darauf, genug Ruhe und Schlaf zu bekommen und ich mache auch keine anderen Sportarten. Ich mag es total, zu bouldern, Mountainbike oder Kanu zu fahren, aber diese Sportarten sind körperlich zu fordernd. In einer echten Wettkampfvorbereitung sind meine Trainingseinheiten so intensiv, dass ich dafür wirklich all meine Energie brauche. Ich konzentriere mich also nur auf das Powerlifting.” 

Michelle de Jong

INSPIRIERENDE VIDEOS AUF INSTAGRAM 

Body&Fit: Was uns an deinen Instagram-Videos auffällt, ist, dass du nicht nur die Höhen, sondern auch die Tiefen teilst. Vor kurzem hast du zum Beispiel gezeigt, wie ein Krampfanfall bei dir aussieht. Warum hast du dich entschieden, so offen mit deiner Krankheit umzugehen?   

Michelle: “Ich teile Videos wie dieses, weil ich ein Bewusstsein für das Thema schaffen will. Ich möchte vermeiden, dass Leute in Panik geraten, wenn ich einen Anfall habe, denn das kommt immer noch oft vor. Ich bin schon ein paar Mal mit so einem Video auf TikTok viral gegangen. Da wurde mir oft vorgeworfen, dass ich meine Anfälle nur vortäuschen würde, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Aber zum Glück habe ich auch viele positive Reaktionen von Menschen bekommen, die sich selbst wiedererkennen und sich durch meine Videos unterstützt fühlen.”  

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Findest du Michelle genauso inspirierend wie wir? Dann folge ihr hier auf Instagram, oder lies unseren Blog: Frauen und Fitness: 4 Mythen, in dem Michelle mit einigen Mythen über Frauen in der Fitnesswelt aufräumt. Bald werden wir weitere People of Body&Fit-Geschichten in unserem Blog und auf unseren sozialen Kanälen veröffentlichen, also bleib dran! 

#FINDYOURFIT